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Komplexe Nanopartikel und ein Magnet reinigen Schmutzwasser

Pressemitteilung vom 01.01.2020

In Deutschland hat sich die Wasserqualität in Flüssen und Seen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert. In vielen Ländern der Erde wird diese Güte jedoch längst nicht erreicht. Außerdem können Umwelt- und Naturkatastrophen Gewässer stark belasten. „In solchen Fällen tritt oft eine ganze Reihe möglicher Verunreinigungen auf, von organischen und anorganischen Stoffen bis hin zu Bakterien“, erklärt Professor Carsten Streb, Leiter des Instituts für Anorganische Chemie 1 der Universität Ulm. Hinzu kommen die heute fast allgegenwärtigen Mikroplastikpartikel.

Verschmutztes Wasser über Filtration zu reinigen, ist zwar ein bewährtes Verfahren, aber es hat Nachteile: es ist zeitaufwändig und für große Wassermengen nur bedingt geeignet, weil für unterschiedliche Schadstoffklassen meist spezielle Filter benötigt werden. Die Ulmer Forscherinnen und Forscher strebten daher ein Material an, das mehrere Schadstoffklassen aufnehmen sollte. „Unser ursprüngliches Ziel war ein hochporöses Material, dem wir an seiner Oberfläche zusätzliche Bindungseigenschaften gegeben haben“, erklärt Archismita Misra. Die Ulmer Doktorandin ist Erstautorin der Studie, die zur Entwicklung dieses besonderen Wasserfilters kürzlich in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlicht wurde.

Diese „Bindungsfreude“ gelang dem Forscherteam über eine eigens für diesen Zweck entwickelte, sogenannte ionische Flüssigkeit. „Das ist im Prinzip ein flüssiges Salz“, so Streb. Im Gegensatz zu Kochsalz ist diese Verbindung bei Raumtemperatur flüssig, während Kochsalz einen Schmelzpunkt von mehreren Hundert Grad hat. Wie jedes Salz besteht auch diese ionische Flüssigkeit aus positiv geladenen Kationen und negativ geladenen Anionen. Während die Kationen bei dieser Anwendung insbesondere antimikrobielle Wirkung besitzen, binden die Anionen Schwermetalle. Weil die Flüssigkeit eine ähnliche Konsistenz wie Honig besitzt, wirkt sie zudem klebrig und bindet im Wasser enthaltene Mikroplastikpartikel.

Im wahrsten Sinne des Wortes: ein Schmutzmagnet

Das so entwickelte Pulver bewies im Labor zwar bereits gute Reinigungseigenschaften, der Durchbruch hin zu möglichen großtechnischen Anwendungen gelang Strebs Gruppe im Anschluss auf der Basis einer Idee von Professor Robert Güttel. Der Leiter des Instituts für Chemieingenieurwesen der Universität Ulm schlug vor, die beschichteten Filterpartikel mit einem magnetisch wirkenden Eisenoxidkern auszustatten. Der Effekt: die mit Verunreinigungen behafteten Partikel können über einen Magneten wieder aus dem Wasser geholt werden. „Damit gelingt es, viel größere Wassermengen in kürzerer Zeit zu filtrieren“, erklärt Professor Streb.

Die denkbaren Einsatzgebiete für diese neuentwickelten Reinigungspartikel sind vielfältig. Sie könnten in Kläranlagen eingesetzt werden, um beispielsweise Mikroplastik aus dem Wasser zu filtern. Auch dezentrale Nutzung, etwa bei der Reinigung verschmutzter Gewässer, sei denkbar. „Wir haben schon früh in der Entwicklung großen Wert auf die Skalierbarkeit gelegt“, sagt Streb. Die Filtrationspartikel sollten nicht zuletzt auch ein wirtschaftlich interessantes Verfahren ermöglichen.

Das Material ist einfach und günstig wiederzuverwerten

Hinzu kommt der Recylinggedanke. Professor Streb dazu: „Mit Hilfe bestimmter Lösungsmittel können wir die Partikel nach dem Reinigungsschritt waschen und die Schadstoffe abtrennen.“ Die Wiederverwertung der Partikel habe bereits früh zum Kern der Entwicklung gezählt. Neben Streb und Güttel gehörte Dr. Scott G. Mitchell von der Universität Saragossa zu den Studienleitern. Der Biochemiker brachte sein Fachwissen zur antimikrobiellen Wirkung der ionischen Flüssigkeit mit ein.

Mit den Erfolgen im Labormaßstab ist aus Strebs Sicht nun ein Zwischenschritt erreicht: „Das ist erst der Anfang, im nächsten Schritt wollen wir die Partikel im realen Einsatz testen.“ Erprobt werden könnten die Partikel zum Beispiel in einem verunreinigten Teich, auch um zu erforschen, wie sich die Filterpartikel im Kontakt mit Algen oder anderen natürlichen Schwebteilchen verhalten.

(Foto: Archismita Misra / Universität Ulm)

Universität Ulm

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